Wir waren fünf Norweger, nämlich Erland Tanberg, Lunderby, Evensen (ehemals Studiosus der Theologie aus Kristiania), cand. jur. Gustav Brun und ich. Wir waren vier in der chemisch-technischen Abteilung und einer, Evensen, in der Hochbau-Abteilung. Mit Brun waren wir nicht viel zusammen, er hielt sich mit einer deutsch-norwegischen Maler-Clique auf, während wir anderen in unserer Freizeit treu zusammengehalten haben.

Zu dieser Zeit gab es viele norwegische Maler in München, aber zwischen ihnen herrschte wenig Zusammenhalt und es gab eine ausgeprägte Cliquen-Bildung. Otto Sinding und Herr Grønvold blieben größtenteils für sich.

Otto Sinding

Der erste war frisch verheiratet mit einer Pflegetochter meines Onkels Prof. Gude aus Karlsruhe, weshalb ich oft zu ihnen in ihr gemütliches Zuhause kam. Die Maler C. M. Ross und Eilif Petersen und Hans Heyerdahl befanden sich in einer deutschen Clique, und hier verkehrte Brun. Außerdem hielten Oscar Wergeland und Egenæs zusammen, und ihnen schlossen sich später Bergslien, Haavind und Schjødt an. Die schwedischen Künstler hielten viel mehr zusammen. Es war nur ein geschlossener Kreis und bestand aus den Malern Calmander, Kronberg, Lindstrøm und den Bildhauern Fahlstedt und Nystrøm sowie dem Chemiker Strohkirk, der auch viel mit uns vier norwegischen Studenten verkehrte.

Dass wir vier norwegische Polytechniker uns mehr zu der schwedischen Gruppe gesellten, beruhte auf dem ungleich gemütlicheren Ton, der dort herrschte, frei von Neid, der einem entgegen strömte, wenn man unter die Norweger kam, wo der eine den anderen auf eine alles andere als liebevoll Art kritisierte, wenn der andere nicht anwesend war, aber in der Gegenwart des anderen etwas völlig anderes sagte. Über Ross war ich in dieser Gelegenheit besonders verärgert.

Es gab zwei dänische Maler, der alte Boysen und Wiwel, ein ausgezeichneter Karikaturist, aber sehr ausschweifend und der schlimmste Mädchenjäger. Boysen kam und war gerne gesehen in allen Kreisen. Wiwel blieb meist für sich.

Es wurde versucht, alle Skandinavier an einem Abend zu einem Punsch zusammenzubringen, es war jedoch auch das einzige Mal; denn es war unter den Gruppen beinahe zu Handgreiflichkeiten aufgrund von unvorsichtigen Äußerungen gekommen, nachdem der Punsch die Zunge gelöst und das Bewusstsein darüber, was man sagen konnte, ohne einen anderen zu beleidigen, verschleiert hatte.

Ich habe sehr oft die Möglichkeit genutzt, dass Studenten, gegen Vorlage ihres Ausweises, Parterre-Tickets für die Oper und das Residenztheater für 40 Pfennig erhalten haben, und war ein fleißiger Opernbesucher. Und es hat sich gelohnt, denn die Münchner Oper war damals die erste anerkannte in Deutschland und Österreich. Sänger wie Fräulein Stehle, Fräulein Schefzky, Fräulein Radecke, Fräulein Meysenheim und nicht zuletzt Frau Vogl und die Herren Vogl, Nachbauer, Bausewein, Kindermann, Fuchs und andere waren ja absolut “erstklassig”.

Dort wie die Kapellmeister Wulner und Levi. – Mein Liebchen, was willst du noch mehr? – Die Schauspieler waren genauso gut, aber ich werde nicht müde, andere Namen als Possart, Rüdinger, Rohde, Fräulein M. und L. Meyer und Ramlo zu erwähnen. Das ganze Ensemble war sowohl in Oper und Schauspiel so fein aufeinander abgestimmt, wie man es sonst nur im Wiener Burgtheater sehen konnte.

Dass sich dies in großem Maße auf meinen Geschmack auswirkte, sowohl was Schauspielerei und Musik inklusive der bildenden Kunst angeht, dass ich die Gelegenheit hatte, gute Kunst zu hören und zu sehen, und in Künstlerkreisen zu verkehren, ist selbstverständlich.

Da ich aufgrund der finanziellen Lage meines Vaters schnellst möglich fertig werden sollte, und da man damals vor dem Ablegen des Examens in Experimenteller Chemie keinen Zugang zur Arbeit im chemischen Labor hatte, nahm ich neben den Vorlesungen Privatunterricht bei einem Assistenten im Labor, Dr. Wiedemann, und suchte dann bei Professor Erlenmeyer um Erlaubnis, die Prüfung an Neujahr anstatt im Frühling zu machen, was mir auch erlaubt wurde, und bestand die Prüfung mit einer sauberen 1, – woraufhin ich einen Platz im Labor bekam. “Ich arbeitete im Laboratorium und war sehr froh”.

Hans Gude

Zu Weihnachten war ich von Onkel Hans Gude und Tante Betzy eingeladen worden, dieses dort zu verbringen, und da Sinding mit Frau und Eilif Petersen auch an Weihnachten nach Karlsruhe reisen wollten, hatte ich eine schöne Reise dorthin und wurde mit großer Herzlichkeit von allen in Gudes Haus empfangen, sowohl Onkel, Tante als auch Cousinen und Cousins. Da Cousin Ove nicht zu Hause war, wurde ich bei Erik und Nils im Schlafzimmer der Jungs untergebracht, und dass wir Spaß hatten, brauche ich wohl nicht zu erzählen. Es gab viel Geselligkeit, so dass ich mit auf ein paar Bälle ging, unter anderem in der Künstlervereinigung, wo vorher verschiedene kleine Stücke aufgeführt wurden, wo ich auch in “Die Bürgschaft” frei nach Schiller in einer kleinen Rolle auftrat, Conrad Lessing, Sohn des Malers Professor Lessing . – Erik Gude und Otto Sinding traten als Neger-Sänger auf, d.h. Sinding begleitete und Erik sang Negerlieder. Wir kamen erst gegen fünf oder sechs Uhr morgens heim, und Onkel und Tante hielten zusammen auch so lange aus. Es sollte auch einen Ball in der Künstlervereinigung der Heiligen Drei Könige geben, aber ich musste am dritten Januar nach Hause reisen, als ich am vierten zum Examen in Chemie antreten sollte.

Erik Gude

Der Aufenthalt bei Onkel und Tante Gude steht für mich immer noch als Lichtblick während meines Aufenthalts in München. Ich fühlte mich absolut zu Hause bei ihnen. Dass ich jetzt von so vielen Norwegern umgeben war, verhinderte nicht, dass ich die Verbindung zu meinem ersten deutschen Umgangskreis aufrechterhielt. In diesem war insbesondere ein Rechtspraktikant Ostermayer, ein äußerst sympathischer Mensch, musikalisch, der gut Klavier spielte und sich für Kunst und Literatur interessierte. Ich besuchte ihn oft in seinem Zuhause, wo wir zusammen Musik machten, dh. er spielte und ich sang. Wir haben auch gemeinsame Sommerwanderungen gemacht, sowohl in der Nähe von München als auch nach Tirol, wo wir unter anderem die Reitherspitze bei Zirl ohne Führer bestiegen.

Ende Juli bin ich nach Hause nach Norwegen gefahren, da ich nicht bis zum 15. August warten wollte. Dann begannen die eigentlichen Sommerferien zwischen Sommer- und Wintersemester. Ich bin über Würzburg-Cassel gefahren, um in Hamburg das Dampfschiff “St. Olaf ”nach Kristiania zu nehmen, aber kurz vor Würzburg gerieten wir in einen Wolkenbruch, der einen großen Erdrutsch auslöste, als der Zug gerade eine Kreuzung passierte. Wir standen also in Sand und Kies und der Zug musste ausgegraben werden. Ich weiß nicht, wie viele Stunden es dauerte, bis wir weiter fuhren, aber ich weiß, dass wir keinen Anschluss in Bebra bekommen haben, und statt Freitag Nachmittag nach Hamburg zu kommen, kam ich dort Samstagmorgen an, und da war “St. Olaf” bereits abgesegelt. Zu diesem Unglück kam noch hinzu, dass ich in Cassel ein Zwanzigmarkstück verloren hatte, das, als ich das Ticket für den Kontrolleur hervor holte, aus dem Geldbeutel fiel und durch die offene Coupé-Tür aus dem bereits fahrenden Zug heraus rollte. Ich hatte so viel Geld, dass ich ein Ticket für die dritte Klasse nach Kopenhagen lösen konnte, aber dann konnte ich den ganzen Tag nichts essen und trinken. Am Abend fuhr der Zug nach Kiel und über Korsør kam ich am Sonntagmorgen nach Kopenhagen, wo ich eine Kutsche nahm, worauf ich mich mit meinem Gepäck einrichtete, darunter unter anderem auch ein Käfig mit zwei Kanarienvögeln, die ich mir in München angeschafft hatte, und nun Mutter geben wollte. Ich fuhr dann zu einem kleinen Hotel am Hafen, nahm ein Zimmer, ließ den Wagen warten und fuhr dann ​​direkt zu Onkel Riise Knudsen, den ich glücklicherweise zu Hause antraf, und pumpte ihn um das nötige Reisegeld an, machte den Wagen klar und war wieder obenauf. Der Onkel war beim Frühstück über meinen Appetit überrascht, fand es aber ganz natürlich, als er hörte, dass 36 Stunden vergangen waren, seit ich etwas genossen hatte. Mein Gepäck wurde aus dem Hotel geholt und ich verbrachte einige schöne Tage bei Onkel und Tante.

Julius Emil Knudsen ca. 1875

Als ich von Kopenhagen nach Hause zurückkehrte, traf ich auf dem Dampfschiff mehrere Schulkameraden, die zur “Grüners Handelsakademi” in Kopenhagen gingen und in den Ferien nach Hause fuhren. Die Reise war also besonders lebhaft. Eine Episode von dieser Seereise muss ich als Beispiel für ein Eheopfer von seiten des Mannes erzählen. Unter den vielen Passagieren an Bord war ein frisch vermähltes deutsches Paar auf Hochzeitsreise. Als wir ins Kattegat segelten, gab es ein bisschen Seegang und frischen Nordwestwind. Drei Freunde und ich hatten uns hinter den Lee-Radkasten auf der Brücke gesetzt und hatten eine Flasche Portwein zwischen uns. Das Ehepaar saß weiter vorne, und als sie seekrank wurde, ging sie zur Luvseite (die Seite des Schiffes, die zum Wind liegt) und erbrach sich, mit der Konsequenz, dass der Wind einen Teil des Produkts mitnahm und es auf die Leeseite führte, wo es auf meinem Rücken landete. Als ich es fühlte, wurde ich wütend und schimpfte kräftig auf Deutsch und erklärte, dass man zur Lee- und nicht zur Luvseite geht wenn man sich erbrechen muss. Gleichzeitig bekommt die Frau einen neuen Anfall, und der verdutzte Ehemann weiß nichts anderes, als seine Manteltasche aufzuhalten und die Frau darin erbrechen zu lassen. Da musste ich lachen und meine Wut war vorbei. Ich ging zum Wirt hinunter, der mir half, meinen Frack von der Schweinerei zu säubern, was ziemlich gut gelang. Meine Freunde, die auch diese Episode gesehen hatten, und ich nahmen wieder unseren gemütlichen Platz hinter dem Lee-Radkasten bei unserem Portwein ein.