Ich kann mich an nichts Besonderes in diesem Jahr erinnern, abgesehen von dem Abendessen, welches Defrance am 4. Juli (glaube ich), zum Hundertsten Jubiläum der Bastille-Stürmung, gab. Als auf Frankreich angestoßen wurde und alle aufstanden, blieb Mutter demonstrativ sitzen und berührte ihr Glas nicht. Ihr “Franzosenhass” konnte es nicht ertragen.
Da einige Franzosen in Vigsnæs zu Gast waren, wurde es von diesen nach Paris getragen, und als im Winter von Einschränkungen des Betriebs und des Personals die Rede war, wurde die Leitung dazu aufgefordert, einen Funktionär zu entfernen, von dem sie annahmen, dass dessen Sympathien für Frankreich klein seien, da seine Frau eine solche Taktlosigkeit begehen konnte. Defrance hatte mich dann verteidigt und gesagt, ich sei sein bester Funktionär, den er nicht verlieren wolle. Damit war es erledigt.

1890

Im Sommer 1890 kam Defrance Anfang Juni wieder hinauf, und kurz nach seiner Ankunft kamen auch Bergmeister Bachke und Konsul Halfdan Klingenberg aus Trondheim. Sie waren Mitglieder der Oberdirektion des Kupferwerks von Røros (Vorsitzender war Bachke) und sollten mit Defrance über die Stornierung des Kies-Vertrages verhandeln, den sie 1887 abgeschlossen hatten, auf welchem jedoch noch etwa ein Rest von ca. 15 à 20000 Tonnen bestand, die sie nicht hatten oder jetzt, da es verlangt wurde, nicht liefern konnten. Keine einzige Fracht, die von Røros verschickt worden war, war vertragsmäßig gewesen, so dass ihnen wiederholte Male die Ladungen verweigert worden waren, und Vigsnæs Schadensersatz verlangte. Die Verhandlungen führten schließlich zum Abschluss eines neuen Vertrags, der für Vigsnæs sehr günstig war. Zu diesem Zeitpunkt hatte Defrance bereits die Idee, Røros zu übernehmen. Er forderte die beiden Herren auf, einen Verwalter für die Kiesgruben einzustellen, der mit den Anforderungen vertraut war, damit sie eine Ablehnung der Ladungen vermeiden konnten, und dies schienen die Herren einzusehen, denn in einer Gesellschaft bei Corneliussen fragte mich Bachke, ob ich Lust hätte, eine Stelle in Sulitjelma antreten zu wollen, wo man einen qualifizierten Ingenieur suchte. Ich antwortete, es hänge davon ab, was Defrance dazu sagte, und was sie bezahlten. Als Lockmittel sagte er (Bachke), “dass ich auch die Aussicht habe, einen Orden zu erhalten”, worauf ich antwortete, “dass es mich nicht verlocken könne, mit all jenen zusammenzukommen, die ihre Auszeichnungen für nichts bekommen haben, es sei eine schlechte Gesellschaft.” “. Damit meinte ich eine kürzlich erfolgte Ordensernennung, welche wenig schmeichelhafte Aufmerksamkeit erregt hatte. Ich dachte nicht daran, dass Bachke selbst einige Jahre zuvor das Olavskreuz erhalten hatte, und bemerkte erst an seiner erstaunten Miene über meine Aussage, dass er peinlich berührt war. Über Røros verlor er nicht ein Wort.

Hier muss ich einflechten, dass Schwager Theodor Rode, der wusste, dass von der Stilllegung der Gruben von Vigsnæs die Rede war, auf die Stellenausschreibung eines Direktors für die Goldminen in Boieza in Ungarn geantwortet hatte, dass ich möglicherweise ein Bewerber sei, und mir dies mitteilte. Ich schrieb sofort an Defrance, als ich das hörte, dass dieser Schritt ohne mein Wissen unternommen worden war, für den Fall, dass man sich nach mir erkundigen sollte, aber dass ich nicht daran dachte, seine Firma zu verlassen, wenn er mich brauchte. Dies war im Mai gewesen. Als Defrance im Juni eintraf, war er sehr liebenswert, und als ich die Angelegenheit ansprach, sagte er, dass er tatsächlich eine Anfrage von der Leitung des Goldminenunternehmens über meine Tätigkeit erhalten hatte, und ob ich als Direktor geeignet wäre, was er bejaht hätte.

Dann wurde mir eines Tages die Stelle angeboten, und ich ging direkt zu Defrance und fragte, wozu er mir raten würde. Er schätzte das sehr, merkte ich. Er riet mir, die Stelle nicht anzunehmen, und sagte, wenn Vigsnæs stillgelegt würde, würde ich nach Antwerpen versetzt werden, zur Hütte in Hemixem. Ich müsste keine Angst haben, auf der Straße zu landen. Er sagte auch, dass er die Tatsache sehr schätze, dass ich ihm alles so offen vorgelegt habe. Zwischen Defrance und der Oberdirektion von Røros war vereinbart, dass Vigsnæs eine Erzwäscherei an die Königsgrube (Kongens Grube) in Røros liefern sollte, und dorthin wurde dann die demontierte Wäscherei der Grube in Eiker verschickt, genauso wie die neue Linkenbach’sche Härterei, nach unserer (verbesserten) Konstruktion, von unserer mechanischen Werkstatt geliefert werden sollte.

Eines Morgens, als ich oben am Hauptschacht stehe, kommt Defrance auf mich zu und fragt mich auf Französisch (wir sprachen immer Französisch miteinander), ob ich nach Røros gehen wolle, woraufhin ich, mit Gedanken an die Montage der Wäscherei, „mais volutier” antwortete. Als er dann erwähnte, dass es als Leiter des Kieswerkes von Røros sein solle, war ich ein bisschen verwirrt, und als er das sah, sagte er: “Sie tun mir damit einen Gefallen, Knudsen, denn dann kann ich mir sicher sein, dass die Kieslieferungen so sind, wie sie sein sollten, und ich verspreche ihnen, dass sie, wenn der Kiesvertrag in drei Jahren abläuft, nicht dort bleiben werden, denn dann soll ihnen der Posten in Hemixem offen stehen. Ich antwortete, „dass wenn es so ist, ich natürlich sofort bereit wäre. “
Dann vertraute er mir seine Pläne an, Røros zu kaufen, und dass er in naher Zukunft Verhandlungen mit der Geschäftsleitung aufnehmen und die Sache in Ordnung bringen wolle, wovon ich hoffte, dass er es sagen würde. Ich hätte gerne dort oben einen Mann, den ich kenne und dem ich vertrauen kann als Direktor, und der mich kennt. Ich sagte dann: “Wenn der Verkauf stattfindet, wird natürlich Corneliussen Direktor dort oben?” Darauf antwortete er: “Nein, Corneliussen kommt nicht dorthin.” Dies sagte er ziemlich hart, so dass ich verstand, dass Corneliussen sehr schlecht im Kurs stand. Er sagte weiter, dass er die Angelegenheit mit der Stelle in Røros in die Hand nehmen würde, und ich bräuchte vorerst nichts in dieser Sache zu unternehmen. Ich hatte ihm ja erzählt, was Bachke mir über Sulitjelma erzählt hatte, und was ich geantwortet hatte, und es gefiel ihm, dass ich gesagt hatte, es hinge davon ab, was er sagte.

Dies war die Überleitung zu meiner Zeit in Røros. Ich habe vergessen zu sagen, dass Mutter 1888 eine lange Reise nach Luxemburg und Deutschland unternahm. Sie reiste mit S/S “Vigsnæs” nach Antwerpen, und von dort in die Abteilung in Luxemburg, wo Schwager Theodor die Leitung der damaligen Bessmerhütte innehatte. Von hier reiste sie nach Koblenz, wo sie unsere Freunde Direktor Sorge und Frau besuchte, und von hier über Sachsen nach Hamburg, von wo sie mit der Hamburger Route zurück nach Haugesund kam. Die Abwesenheit der Mutter dauerte ca. Monate und sie kam erst Ende September oder Anfang Oktober nach Hause. Großmutter, die das Haus während der Abwesenheit von Mutter leitete, hatte eine große Hilfe in unserer guten und treuen Köchin Gertrud Kolstø, die schon einige Jahre bei uns war, uns aber 1889 verließ, als sie nach Amerika auswanderte. Sie hatte eine verheiratete Schwester dort, und ihr Schwager hatte ihr ein Ticket geschickt. Sie schrieb mehrmals von dort und schickte uns ein Kabinettfoto von ihr, als sie, ein Jahr nach ihrer Ankunft dort, verlobt und mit einem reichen Zimmermann verheiratet wurde. Sie war Mutter so ergeben, dass sie, als die S/S “Vigsnæs” mit Mutter an Bord den Hafen verließ, mit Valdis auf dem Schoß am Fenster des Gästezimmers saß und weinte, sodass die Tränen die Wangen hinunter rollten, und Großmutter sie trösten musste. Ich sehe die Szene noch vor mir. Es wehte nämlich eine frische Brise, und es war ziemlicher Seegang, und wahrscheinlich war es die Aussicht, dass Mutter seekrank werden würde, was ihre Niedergeschlagenheit verursachte. Mutter hielt sich jedoch tapfer.
Die Beziehung zwischen Corneliussen und mir war weiterhin gleichmäßig freundlich, während seine Frau zu jeder Zeit und Gelegenheit an den Tag legte, dass sie mich nicht ausstehen konnte, und es war für mich das Maß dafür, wie sich die Beziehung zu Defrance entwickelte, denn es ärgerte sie, dass er so nett zu mir und Mutter war.

Corneliussen machte den großen Fehler, dass er lange Briefe über jede Bagatelle schrieb, und die Fragen zur Generaldirektion trug, anstatt seine eigenen Entscheidungen zu treffen, und diese Unbestimmtheit und Angst, Verantwortung zu übernehmen, waren das, was Defrance nicht mochte. Er sagte einmal zu mir: “Dafür brauche ich keine Direktoren und Facharbeiter, sondern kann mich mit einem Schreiber begnügen.”
Mutter erinnert mich gerade daran, dass Defrance, als ich ihm sagte, dass man mir den Posten in Siebenbürgen angeboten hatte, mir riet, zu antworten, dass ich die Stelle antreten würde, wenn sie mir mein Gewicht in Gold bezahlen würden. Zu dieser Zeit wog ich 108 Kilo. Als ich bis Ende August nichts vom Werk in Røros gehört hatte und ich wusste, dass Defrance aus Antwerpen geschrieben hatte, wohin er Mitte Juli gereist war, schrieb ich an die Oberdirektion und fragte, wie es sei, ob aus der Anstellung eines Leiters des Kieswerkes etwas werden würde, da Defrance mit mir über den Fall gesprochen hatte. Ich bekam dann einen Brief, dass sie mich einstellen würden, und sie boten 3200.00 Kronen Lohn sowie gratis Wohnung, Licht und Brennholz an.

Ich antwortete, dass ich mit dem Gehalt vor acht Jahren in Vigsnæs begonnen hatte, und jetzt Kr. 4400.00 und die gleichen Nebenbezüge hatte, so dass ich über eine solche Position nicht nachdachte, vor allem da ich Vigsnæs nicht verlassen musste. Dann kam ein Brief, in dem sie ankündigten, dass sie aus Rücksicht auf die älteren Funktionäre, die kein höheres Gehalt hatten, nicht mehr bieten konnten, und ich antwortete erneut, dass es ihre Sache sei, aber ich wolle den gleichen Lohn haben, den ich in Vigsnæs hatte, wenn ich kommen sollte.
Dann kam ein Brief, in dem sie Kr. 4000,00 samt dem Ertrag des Heus auf den Grubenäckern boten, das ca. 400 kr pro Jahr ausmachte, plus kostenlosem Umzug, und darauf bin ich eingegangen. Ich hatte geschrieben, dass wenn ich ihnen über diese Sache schrieb, war es, weil ich nicht im harten Winter umziehen wollte. Jetzt ging es darum, sich auf den Umzug vorzubereiten. Den Kutter “Sigrid” habe ich etwa zum halben Preis an ein paar Freunde in Bergen verkauft, und in der letzten Septemberwoche sind wir von Vigsnæs losgefahren. Wir hatten einen großen Wagen, in den unsere Möbel und andere Umzugsgüter verladen wurden, und dann wurde dieser nach Haugesund geschleppt, von wo aus wir mit dem Dampfschiff “Olaf Trygvason” nach Trondheim fuhren. Mutter und die Kinder reisten zuerst zu Schwager Hermann und Schwester Elida nach Hommelvik, während ich zunächst alleine nach Røros fuhr. Es war mir eine große Freude zu sehen, wie sich meine Arbeiter verabschiedeten. Viele baten später darum, zu mir kommen zu dürfen, um bei mir weiterzuarbeiten.

Und dann möchte ich schließlich das Zeugnis abschreiben, das ich von der Generaldirektion bei meinem Abgang in Vigsnæs erhalten habe. Darauf bin ich stolz. Es lautet:

”Monsieur E. Knudsen, ingenieur, a été au service de notre Société pendant huit annèes, sans qu’ìl y ait au lieu de lùi adresser le moindre reproche.
Consciencieux et travailleur, Monsieur Knudsen, s`est toujours montrè disposè à exècuter tous les travaux qui lui out été confiés, et les a memés à bonne fin. Quoique spècialment attachè au service de la mine, il a été fréquentment chargè de la conduite des laveu?s et des ateliers mècaniques. A diverses reprises il a été à mine de remplacer le directeur absent, et s´est toujours bien tirè de toutes les charges, quiliu ont ètè confiées.
Je suis heureux de pouvoir certifier que cet ingenieur, dout le caractère personnèl, la bonne volonté, le zèle et le courage fout un fonctionnaire modèlè, et apte à remplir les fonctions qui lui servient confiées.
J’ajouterai qui`en quittant le service de notre Sociètè, Monsieur E. Knudsen nous a donné une preuve de son dèvouement, car c`est sur ma demande qu`il a acceptè la conduite de mines dont les miuerais nous étaient destiner.
(Stempel) Le Directeur General
Ch. Defrance (m.p)

Herr E. Knudsen, Ingenieur, war acht Jahre lang im Dienst unserer Firma, ohne den geringsten Grund, Vorwürfe gegen ihn zu erheben. Gewissenhaft und fleißig, war Herr Knudsen bereit, alle ihm übertragenen Aufgaben auszuführen. Obwohl er dem Dienst in der Grube besonders verbunden war, wurde er häufig mit der Leitung der Wäscherei und der mechanischen Werkstätten beauftragt. Ich freue mich bestätigen zu können, dass dieser Ingenieur, dessen persönlicher Charakter, guter Wille, Eifer und Mut ihn zum idealen Funktionär machen, in der Lage ist, die ihm anvertrauten Aufgaben auszuführen. Ich füge hinzu, dass Herr Knudsen uns beim Ausscheiden aus dem Dienst in unserer Firma seine Gewissenhaftigkeit und Aufopferungswillen bewiesen hat, da er auf mein Verlangen die Leitung der Gruben übernommen hat, deren Erz für Sie bestimmt ist. Generaldirektor Ch. Defrance (m.p.) (Übersetzt aus dem Französischen ins Norwegische von Øyvind Kullberg).

Wie bereits erwähnt, waren diese acht Dienstjahre in Vigsnæs für mich von größter Bedeutung. Die Arbeit in diesem gut organisierten, großen, modernen Bergbaubetrieb entwickelte mich in den facettenreichen Tätigkeiten so weiter, dass ich ein ganz anderer Mann war als zuvor, und ich hatte praktische Erfahrungen nicht nur in der reinen Bergtechnik, sondern auch im Hüttenbetrieb, im Maschinenwesen, in der Gebäudetechnik und in der Statistik gesammelt. Letzteres war in dieser Firma bewundernswert entwickelt. So gut und übersichtlich, wie diese organisiert war, wusste ich spätestens 14 Tage nach Monatsende, was mich Erz und Kupfer nicht nur für den letzten Monat, sondern auch für das laufende Jahr gekostet haben. Dies ermöglichte es immer, die Arbeit so festzulegen, dass das von der Generaldirektion und dem Verwaltungsrat oder der Generalversammlung festgelegte und verabschiedete Budget, das für mich jedes Jahr festgesetzt wurde, in Bezug auf die Ausgaben eingehalten werden konnte.

Es bildete später die Grundlage für die technische Buchführung, die ich später, den gegebenen Umständen angepasst, überall dort eingeführt habe, wo ich als Betriebsleiter hinkam, und überall hat es sich als zufriedenstellend erwiesen und die Erwartungen erfüllt.
Es ist wohl daher nicht verwunderlich, dass ich an die Gesellschaft von Vigsnæs und deren großartigen Generaldirektor eine besonders herzliche und dankbare Erinnerung habe.
    Von den Menschen, die Sie, meine lieben Kinder, zusätzlich zu den oben genannten Personen gekannt haben, waren in dieser Zeit in Vigsnæs beschäftigt:

Werksmeister Lars Christoffersen, später in Sulitjelma.
Mechaniker Søren Maderseth, später in Sulitjelma.
Hüttenvorsitzender Braathen, später in Sulitjelma.
Steiger Kolben Mjaaseth, später in Sulitjelma.
Steiger Abraham Finne, später in Sulitjelma und Røros.
Maschinist Johan Finne, später in Sulitjelma und Røros, sowie eine Reihe tüchtiger Arbeiter, die mir folgten, zuerst nach Røros und von dort nach Sulitjelma, zum Beispiel Lars Berge und andere.
In den Jahren 1891 und 1892 war ich wieder geschäftlich für Røros in Vigsnæs, aber seitdem war ich leider nie mehr dort. Wenn ich lebe und es mir leisten kann, würde ich gerne die geliebten Gefilde wieder sehen, an die so viele gute Erinnerungen geknüpft sind.