Wenn im Herbst und Winter die Südweststürme einsetzten, konnte es ganz schrecklich wehen, und wir konnten sehen, wie das Meer über Helganes sprüht, was ca. 50 Meter hoch liegt, und dort legte sich auf die Fensterscheiben eine Salzschicht von der feinen Seewasserdecke, die der Wind von dort mitnahm, trotz der Entfernung von 2 viertel Meilen, d.h. 3600 Metern. Unter solchen Stürmen habe ich gesehen, wie das Meer da draußen auf fast 15 Meter Wasser gebrochen ist.

Einmal führte ich Mutter auf die Felskuppen hinter der Residenz des Generaldirektors, um das aufbrausende Meer anzusehen, aber wir konnten nicht aufrecht stehen, so stark wehte es. Auf der anderen Seite, und besonders im Frühsommer, konnte es lange Zeit herrlichstes Wetter geben, und vom Blick von unserem Gästezimmer über das Meer bei Sonnenuntergang konnte man sich kaum losreißen, so unglaublich schön war es, und immer anders.
Es war ein Farbenspiel von Meer und Wolken, das man nicht beschreiben konnte, so schön war es. Eine Berglandschaft ist wunderschön, aber das Meer übertrifft alles, sei es im mächtigen Sturm oder in der milden Abendstimmung.
Die Kinder wuchsen gut heran und waren sehr nett und liebevoll. Ich hatte früh mit Sigrid und Gudrun angefangen zu singen, und neben verschiedenen Kinderliedern hatte ich ihnen auch mehrere „Bellmann-Lieder” gelehrt, die ich am Flügel begleitete, und es war verwunderlich, wie schnell sie den schwedischen Text lernten. Sie waren wirklich so süß, wenn sie jeder auf einer Seite von mir am Flügel standen, und mit ihren klaren und sauberen Stimmen zum Beispiel “Upp Amaryllys” oder “Käraste Brøder, Syster og Vänner” oder “Ur vägen, ur vägen” sangen.

Fam. Knudsen ca. 1889

Eines Sommers, Sigrid war wohl viereinhalb und Gudrun drei Jahre alt, kam der zu seiner Zeit berühmte schwedische Pianist Fredrik Lindholm, einer von Liszts besten Schülern, der jedoch wegen Alkoholkonsums deutlich eingeschränkt war, nach Vigsnæs und wollte ein Konzert geben. Er bat darum, den Flügel zu leihen, und dies unter der Bedingung, dass er in unserer Wohnung konzertierte, in der das große Wohnzimmer, das eigentlich aus zwei Räumen mit einer durchbrochenen Wand bestand, genügend Platz für die erwarteten Gäste bot. Als er zu uns nach Hause kam, um das Instrument auszuprobieren, saß ich gerade am Flügel und Sigrid und Gudrun sangen. Er öffnete langsam die Tür vom Flur aus und winkte mir zu, weiterzumachen, und setzte sich leise auf einen Stuhl am Fenster. Wir gaben ihm unser gesamtes “Bellmann Repertoire” und ein paar deutsche Kinderlieder von Reinecke zum Besten. Als wir fertig waren, sagte er: “Es war sehr schön und sehr ruhig! Das sind die kleinsten „Bellman-Sänger”, die ich je gesehen habe”. Dann fragte er, wer die Begleitung harmonisiert habe, und als ich sagte, dass ich es selbst getan habe, verneigte er sich vor mir und sagte: „Ausgezeichnet gut gemacht und sehr schön“, worauf ich natürlich sehr stolz war. Am Abend, als das Konzert war, musste er die Küche als “Künstlerraum“ benutzen, da es nur hier einen Ausgang zu einem Teil des Zimmers gab, und die Bankreihen ihm den anderen Ausgang versperrten, aber da er in jeder Pause dort einen Cognac bekam, hielt er sich gerne dort auf.

Einen Winter haben wir auch eine Komödie gespielt. Ich war in dem Stück “Petter und Inger” mit dabei und spielte die Rolle von Inger Fader-Lodsen, in der ich mich sehr gut machte. Ja, Dr. Nielsen behauptete sogar, ich hätte am besten von allen gespielt, und er selbst spielte doch mit als Liebhaber.
Es war eigentlich die Absicht, dass wir für das Publikum von Vigsnæs spielen sollten, aber dann traten ernste Krankeiten (Diphterie) sowohl in Dr. Nielsens und Corneliussens Familie auf, und damit war es ausgeschlossen, es waren immerhin zwei Todesfälle die Folge, der kleine Ole Nielsen und Carl Corneliussen.

Wir hatten ein paar Jahre eine junge Verwandte von Mutter, Martha Tau aus Hamburg, als “Stütze” und Kindermädchen, und da wir zu Hause immer Deutsch sprachen, lernten die Kinder sofort beide Sprachen. Als sie so groß waren, dass sie in die Schule kamen, gingen sie in die Privatschule, die für die Kinder der Funktionäre eingerichtet war. Eine Fräulein Tillisch aus Bergen unterrichtete zuerst, später Fräulein Brock. Da die Altersgenossen der Mädchen alle Jungen waren, sah man sie ständig in Gesellschaft von Jungs spielen, aber sie wurden dadurch nicht männlich, wenn auch Gudrun sehr bedauerte, dass sie kein Junge war.

Im Sommer 1889 erhielt ich acht Tage frei, um in der Regatta zu segeln, die von der “Norwegischen Vereinigung für Vergnügungssegler“ (Norsk Forening for Lystseilads) bei Risør abgehalten wurde. Ich segelte mit meinem Freund Wilhelm Mayer aus Bergen von Haugesund aus, wo wir uns getroffen hatten. Auf dieser Reise hatte ich Thorbjørn und Lars Christoffersen als Matrosen dabei. Wir fuhren am ersten Nachmittag von Haugesund nach Tananger, wo wir für die Nacht ankerten. Am nächsten Morgen um 9 Uhr segelten wir von Tananger, und passierten Obrestad gegen Mittag. Wir hatten einen steifen Nordwestwind, so dass wir das Toppsegel nicht setzen konnten, und draußen bei Egersund mussten wir sogar auch das Großsegel einholen. Genau um 9 Uhr am Abend passierten wir Lindesnes, und es ist eine gute Leistung für ein so kleines Boot, innerhalb von 12 Stunden von Tananger nach Lindesnes zu segeln; umso mehr, da wir bis zum Riff von Jæren segeln mussten, da der Wind sich erst dort nach Nordwesten drehte.

Meyer mit “Venus” wollte nachts weiter nach Osten fahren, aber ich und Thorbjørn waren vom Segelrennen so müde, dass ich mich entschied, in einen Hafen zu fahren bevor es Nacht wurde. Meyer und ich hatten Arendal als Treffpunkt vereinbart, falls wir uns trennen würden. Es hat Spaß gemacht, während des Segelrennens entlang von Jæderen und Lister die Geschwindigkeit der zwei Kutter zu vergleichen. “Venus” führte volles Untersegel, und so zog der große 12-Tonner mir davon. Als sie dann an Board der “Venus” den Piggen (lt. norw. Wikipedia das äußerste Ende einer „Gaffel”, einer Gaffeltakelung) einholten, holte ich sehr bald auf, so dass sie die Gaffel wieder aufziehen mussten, um mir zu folgen, woraufhin sie mich wieder allmählich, aber überraschend langsam einholten.
Am nächsten Morgen segelte ich dann an Kleven vorbei landnah weiter nach Osten, fuhr innerhalb von Oxø zwischen allen Untiefen, da es dort kein Meer gab. Lars saß in der Saling und warnte vor den Untiefen. Als wir dort hindurch und draußen auf dem Krisansandsfjord waren, frischte der Wind auf, und ich segelte jetzt etwas weiter vom Land entfernt. Ich hatte alle Segel draußen, auch den großen Spinnaker, und wir zogen die Küste hinauf wie Rauch. In Homborgsund steuerte ich auf den Schärengarten zu, fuhr zwischen den Torungen-Inseln her, und kam um 7 Uhr abends in ziemlich flauer Brise nach Arendal, wo „Venus” um 4 Uhr nachmittags angekommen war. Sie hatten nachts eine so heftige Gegenströmung gehabt, und der Wind war abgeflaut, so dass sie nicht gut voran gekommen waren, aber sie waren gesegelt und hatten sich abgemüht, während ich nachts süß geschlafen hatte und morgens gute Strömung hatte.
In Arendal waren wir zwei Tage, und ich besuchte dort alte Bekannte. Dann fuhren wir an einem Sonntagmorgen, zusammen mit der Arendalsflotte, nach Risør. Oben im Tromøsund hatte ich das Unglück, auf eine Untiefe in einer Bucht hinaufzusegeln. Die Untiefe war zuvor markiert gewesen, aber die Stange war fortgerissen worden, wahrscheinlich von Fischern, die daran festgemacht hatten. Ich brauchte lange, um mich davon zu befreien, und musste alles Inventar in ein anderes Boot entladen, welches mir zu Hilfe kam. Dies bedeutete ungefähr eine oder zwei Stunden Verzögerung, so dass ich alleine nach den anderen am Nachmittag in Risør ankam.

Hier war der Hafen voller Kutter aus dem Osten, so dass es schwierig war, einen Platz zu bekommen, aber ich kam dann an die Stelle, an der ich zuvor meine Snekke liegen hatte, vor dem Haus und Garten von Konsul Finne. Es war natürlich witzig, in altbekanntes Gebiet zu kommen, und alle Freunde und Bekannte aus meiner Zeit in Risør zu begrüßen. Außerdem traf ich alte Freunde aus Kristiania, wie den Gesangslehrer O.A. Grøndahl, den Börsenkommissar Hammond und andere.
Die Regatta, die später unter dem Namen „Pfarrerregatta“ (Præsteregattaen) lief, weil drei Pfarrer daran teilnahmen, nämlich Pfarrer Herman Lunde, der mit Ingenieur Tobiesen segelte, der Gemeindepfarrer von Søndeled (den Namen habe ich vergessen, es war bei H. Haakonsen), der sein eigenes Segelboot segelte, und zwei Preise in seiner Klasse gewann, und mein Verwandter Gabriel Wigsnæs, der mit Gunnar Knudsen segelte, wurde von frischem Wind und gutem Wetter begünstigt.
Wegen der Havarie auf der Untiefe musste ich das Rennen leider abbrechen, ohne es zu beenden. Da ich keine Zeit hatte, das Boot nach Hause zu segeln, fuhr ich mit dem Dampfschiff nach Haugesund, und Thorbjørn und Lars segelten “Sigrid” alleine nach Hause, aber sie nahmen sich viel Zeit und kamen erst nach 14 Tagen nach Vigsnæs. Sie schoben es darauf, dass der Wind und das Meer sie daran gehindert hätten, um Lister und Jæderen herum zu kommen, aber ich bin mir sicher, dass es ziemlich reibungslos gelaufen wäre, wenn ich an Bord gewesen wäre. In diesem Jahr wurde die Grube in Eiker stillgelegt, und Ingenieur Jordan bekam eine Stelle bei Salvesen in Leith, dem die Dragseth Grube in Meldalen gehörte.