Als wir im Dezember in Vigsnæs ankamen, gab das Generaldirektorat von Antwerpen den Befehl, dass ich die Position als Betriebsingenieur in der Hütte und in den Wäschereien am Kupferwerk von Vigsnæs (Vigsnæs Kobberværk) übernehmen, und dass Ingenieur Wellens, der für diese Position vorgesehen war, die Position in Alfsvaag übernehmen sollte. Da der Lohn derselbe war, war es für mich nur von Vorteil, zu tauschen, denn es war viel zu lernen in dem großen und vielseitigen Betrieb in Vigsnæs. Mein Titel war “Ingenieur chef de service”.
Immerhin war die Firma ja französisch. Der Vorstand hatte seinen Sitz in Paris, während die Generaldirektion ihren Sitz in Antwerpen hatte, in dessen Nähe, in Hemixem, das Unternehmen auch später sein großes Kupfergewinnungswerk und eine Superphosphatfabrik unterhielt.

von links im Uhrzeigersinn: Defrance, Floor, Defrance' Frau, Knudsen, Nielsen, Corneliussen

Ich möchte nun zunächst die Organisation des Unternehmens und die Persönlichkeiten darstellen, mit denen ich meist zu tun hatte, und die in so hohem Maße dazu beigetragen haben, der Berg- und Hüttenmann und Administrator zu werden, zu dem ich mich entwickelt habe.

Für mich war es eine erstklassige praktische Schule, die ich durchlief, mit großer Verantwortung auf meinen Schultern, aber auch mit der Möglichkeit, sich mit talentierten Leuten mit großer Erfahrung austauschen zu können, die einen ermutigten, wenn sie sahen, dass man wirklich mit Leib und Seele bei der Arbeit war.
Wie gesagt, war die Generaldirektion in Antwerpen, und der Generaldirektor war Ingenieur Charles Defrance aus einer lothringischen Familie. Er hatte in Freiberg studiert. Er hatte Mitte der 1860er Jahre das Werk von Vigsnæs gegründet und war dort viele Jahre lang als Direktor, mit Bergmeister Paaske als Bergbauingenieur, tätig. Defrance war ein selten talentierter Ingenieur, und ein Administrator, nach dem man lange suchen kann. Er kam jeden Sommer nach Vigsnæs und war vier bis sechs Wochen dort, und man konnte sicher sein, ihn jeden Morgen um sechs Uhr beim Schichtwechsel am Hauptschacht zu treffen. Er hatte, wie man sagt, “ein Auge auf jedem Finger” und sah selbst die kleinsten Dinge, ob es nun richtig oder falsch war. War nach seiner Meinung etwas nicht in Ordnung, schimpfte er nicht, sondern fragte, warum man es so tue, und sagte er wolle es anders. Damit war die Sache erledigt, aber ich muss sagen, er war ein Mann von Respekt, und er war trotz allem sehr entschieden. Von den Mitarbeitern der Generaldirektion hatte ich ansonsten nur mit dem Ingenieur-Sekretär Bergingenieur Edouard Saladin zu tun, einem Mann in meinem Alter, der vor einigen Jahren als Generaldirektor der großen französischen Firma “Schneider-Creuzot”, dem französischen Krupp, verstarb. Er war ein guter Bekannter von Herrn Bohelen-Halboch und Frau Bertha Krupp-Bohlen-Halbach, wie diese mir erzählten. Saladin war ein tüchtiger und netter Mann, mit dem ich mich sehr gut verstanden habe. Er besuchte mich auch einmal in Sulitjelma.

Wie bereits erwähnt, war ein Belgier, Ingenieur Emile Houdret Direktor in Vigsnæs. Er war wirklich das, was die Franzosen “en blagueur” oder auf Deutsch “einen Aufschneider” nennen. Ich denke fast, es war nur ein Zufall, wenn er einmal die Wahrheit sprach. Wenn man über die eine oder andere Branche sprach, so war er immer ein Spezialist auf diesem Gebiet, und war schon so und so viele Jahre in dieser Branche tätig. Da mir dieses bald auffällig erschien, begann ich zu notieren, wie lange seine gesamte Praxis war, und nach einem halben Jahr kam ich zu dem Schluss, dass er 108 Jahre in der Praxis verbracht hatte, wenn er bei seiner Geburt angefangen hatte! Das war gut gemacht! Was? Er musste also mindestens 130 Jahre alt sein, war aber ca. 40. Seine Geschichten hätten ein Buch füllen können, wenn ich sie mir gemerkt hätte, aber sie waren zu grauenvoll. Er war ein schlechter Bergmann, und wie er die Position erhalten hatte, war mir ein Rätsel. Ich kann mir nur vorstellen, dass die Geschäftsführung der Firma, in welcher er zuvor war, ihn “weggelobt” hat, um ihn loszuwerden. In den 1 1/2 Jahre, die er nach meiner Ankunft in Vigsnæs war, war er einmal auf einem kleinen Ausflug in die Grube, und es war nur hinunter zu einer Hauptetage, wo er mit dem Aufzug hin kommen konnte. Er war unglaublich faul, und saß vorzugsweise in einer Couchecke und trank Cognac. Dann ging er mit Pantoffeln einmal am Tag ins Büro, und ein paarmal in der Woche in die Hütte oder in die Wäscherei, um sich zu bewegen, denn er verstand nicht das Geringste, weder vom Schmelzen noch von der Erzaufarbeitung. Er war ein Beispiel dafür, wie ein Direktor nicht sein sollte.

Leider hatte er einen Narren an mir gefressen, und es passierte eine Weile, dass er um halb zehn Uhr morgens in mein Büro, oder in die Hütte oder in die Wäschereien kam und fragte: “Monsieur Knudsen, haben Sie einen Schnaps, den Sie mir anbieten können?” ” Und da er wusste, dass ich Cognac im Haus hatte, denn wir Funktionäre bekamen alle gemeinsam mit Ingenieur Bouilly Cognac im Fass nach Hause geliefert, konnte ich nicht “nein” sagen, sondern musste ihm nach Hause folgen, wo er dann, zu Mutters Verzweiflung, bis ein Uhr in der Sofaecke sitzen blieb und einen Cognac nach dem anderen trank, während ich anstandshalber mit einem Glas figurierte. Er hat es geschafft, in einem Monat auf diese Weise bis zu 14 Flaschen Cognac bei mir zu trinken.
Defrance meinte später, als ich ihm dies nach der Entlassung Houdrets erzählte, dass ich die Prüfung bestanden hatte und keine Angst haben musste, (dem Alkohol) zu verfallen.
Da ich auf Wunsch des Generaldirektors oft neben meinen anderen Tätigkeiten in die Grube musste, hinderte Houdret mich sehr bei meiner Arbeit, so dass ich zu der Zeit, als er in Vigsnæs war, auch am Sonntag arbeiten musste, um nicht mit der Arbeit in Rückstand zu kommen. Houdret, der später als Straßenbahnschaffner in Rio Janeiro starb, hatte eine schöne und liebenswürdige Frau, die uns allen leid tat, und drei schöne Kinder. Houdret sprach schlechtes Norwegisch, aber die Dame konnte nur Französisch.

Bouilly

Sous-Directeur war der alte Ingenieur August Bouilly, ein alter Ehrenmann. Er war für den Betrieb der Grube und der mechanischen Werkstatt verantwortlich, aber da er alt war und es ihm schwerfiel, in die große Grube zu fahren, wurde ich allmählich in diese Abteilung eingeführt, um später die wichtigste Abteilung, die Gruben, zu übernehmen. Bouilly war ein freundlicher Mann, aber sehr heftig wie so viele Südländer, obwohl er nicht “nachtragend” war. Wenn er sich also abgeregt hatte, war er bald wieder so sanft wie zuvor. Er war Witwer, aber seine Schwägerin, das alte Fräulein Jørgensen aus Bergen, leitete den Haushalt für ihn. Bouilly hatte mehrere Kinder gehabt, aber es waren nur vier am Leben, von denen der älteste Sohn Zweiter Offizier auf dem Dampfschiff “Vigsnæs” in Bergen war, die Tochter Angèle, ein süßes und braves Mädchen, bildete sich zur Malerin aus, und die beiden jüngsten Jungen gingen zur Schule in Haugesund. Diese beiden wanderten später nach dem Tod des Vaters nach Amerika aus. Sie hießen August und Birger.
Wir wohnten im selben Haus wie Bouilly, in dem wir den westlichen Teil hatten, und er den östlichen Teil. Der Büroleiter war Eversen. Er stammte aus Stavanger und war seit Beginn der Gruben in Vigsnæs, also seit 20 Jahren. Er war mit Frau Lothe aus Haugesund verheiratet und hatte vier Kinder. Evertsen war ein ruhiger Mann, aber lieb und nett. Er war sehr religiös und seine Frau auch.

Sein Schwarm war Generaldirektor Defrance, und wenn er dieses Thema ansprach, war er vollkommen verwandelt. Als ich einmal bei ihm im Büro war, sprach er darüber, wie schön Defrance getanzt hatte, und er nahm die Feuerzange und seinen Regenschirm in die rechte Hand, und mit der linken ein paar der Bügel und fing an, Walzer nach Defrance zu tanzen, mit Feuerzange und Regenschirm als Dame. Die Feuerzange als Unterteil, und den Regenschirm als Oberkörper. Sie könnten sich vorstellen, dass es schwierig für mich war, ernst zu bleiben. Evertsen war ein großer Blumenliebhaber und hielt seinen Garten in ausgezeichnetem Zustand. Er war auch gut im Sticken, und wenn er abends aus dem Büro nach Hause kam, saß er da und stickte, während seine Frau ihm vorlas.Die Evertsens lebten sehr ruhig und zurückgezogen. Der Werksarzt war Doktor J.Fr. Nielsen aus Sandefjord. Er war mit einer Tochter von Propst Lange in Sandefjord verheiratet. Dr. Nielsen war in meinem Alter und hatte wie wir eine Tochter in gleichem Alter. Nielsen war ein guter Arzt und sehr eifrig im Dienst.
Der Magazinverwalter hieß Sophus Schanche, ein Bruder des Schauspielers Bernt Schanche. Er war Seemann gewesen, und zuletzt als Steuermann mit dem Linienboot der bergenser Gesellschaft “Kong Karl” gereist. Da er feucht veranlagt war, hatte er keine Chance, ein Schiff führen zu können, und erhielt daher die Stelle als Magazinverwalter in Vigsnæs. Er war mit einem Fräulein Hambro verheiratet, der Schwester des Schulleiters in Bergen, einer überaus intelligenten und gebildeten Frau. Sie kümmerte sich gut um den Mann, und das war sein Glück. Sie hatten eine ganze Kinderschar, ich weiß nicht, wie viele es waren, aber sie waren fleißige Arbeiter im Weinberg des Herrn.

Jordan

Als Assistenten, oder „Contremaitres” wie ihr Titel war, in den Wäschereien – von denen es drei gab – waren Ingenieur Vollert Jordan und ein Deutsch-Belgier Alevyn angestellt. Sie hatten jeder eine Woche Nachtschicht, und waren eine Art Oberaufseher. Ingenieur Jordan war beim Bau der Jarlsbergbahn angestellt gewesen, und kannte Dr. Nielsen gut aus Sandefjord. Da beide eine höhere Ausbildung hatten, verkehrten sie nicht in unseren Kreisen. Wir werden später sehen, dass dies für Alevyn nicht völlig gerechtfertigt war. Übrigens spielte derselbe Herr großartig Klavier, sowohl was die Technik als auch den Vortrag betrifft.
Sein Vater soll Gesandter irgendwo in Deutschland gewesen sein und die Kinder sind dort aufgewachsen, weshalb sie fließend Deutsch, Französisch und Englisch sprachen, und unser Alevyn auch gut Norwegisch. Ich brachte in Erfahrung, dass er, der sicher sehr umtriebig war, durch einen Verwandten die Position in Vigsnæs bekommen hatte, als er wegen eines Waffenduells verschwinden musste.
Jordan war ein hitziges Gemüt, wie so viele kleine Leute, der aber sehr nett sein konnte. Übrigens habe ich schnell gemerkt, dass ich keine Gnade in seinen Augen fand, weshalb weiß ich nicht. Wahrscheinlich weil ich sein Vorgesetzter wurde.
Im Zeichenbüro war Anfindsen Assistent bei Bouilly, und bei Evertsen war als Schichtmeister und Buchhalter Reitan senior und sein Sohn Olaf Reitan, sowie ein anderer Mann, dessen Namen ich jetzt vergessen habe. Vater Reitan spielte gut Flöte und ein wenig Klavier, und Olaf Reitan passabel Geige. Ein älterer Bruder von Olaf, der Apotheker war, spielte sogar sehr gut Geige. Dann gab es zwei Lehrer, Aanesen und Alfsen, und eine Lehrerin an der Werksschule, und verschiedene Steiger, Hüttenleiter und andere Aufseher, alles sehr nette Leute und gut in ihrer Arbeit.
Unsere Produkte wurden hauptsächlich nach Antwerpen und Dunkirchen (Dunkerque) verschifft, nur der Scherstein (?) aus der Hütte wurde nach Swansea an die dortigen Hütten verkauft. Der Transport wurde von der Schifffahrtsgesellschaft von P. G. Halvorsen in Bergen durchgeführt, und die Dampfschiffe “Vigsnæs”, “Carlotta” und “Activ” befanden sich fast ständig auf der festen Strecke zwischen Vigsnæs und den genannten Orten im Ausland. “Vigsnæs” und “Carlotta” luden ca. 800 Tonnen und “Activ” ca. 420 Tonnen. Sie kamen dann über England mit Kohle und Koks für unsere Dampfkessel und Schmelzöfen zurück.