Man kann nicht sagen, dass Kongsberg, wie es 1876 war, dem heutigen ähnelt. Freilich hatte man vor einigen Jahren eine Eisenbahnverbindung nach Hokksund und Drammen bekommen, aber die Zeit war noch zu kurz, als dass der eigentümliche Stempel, der den Provinzstädten zu Beginn des 19. Jahrhunderts verliehen wurde, sich zum großen Teil geltend machen konnte. Die Provinzstädte waren wie kleine Hauptstädte in den ländlichen Gebieten, und so sollte es nicht anders in Kongsberg sein, wo es außer Vogt, Amtsrichter, Stadt-Vogt, Polizeimeister, Polizeichef, Distrikt- und Privatärzten und Apotheker das Silberwerk mit seinem gesamten Stab, und die Waffenfabrik mit dem ihrigen, und nicht zu vergessen das Münzwerk und die Mittelschule gab.
Es lag ein gewisser Nimbus über allem, was als Beamtentum bezeichnet wurde, und dies merkte man sehr stark in Kongsberg, welches mit dieser Menagerie so reich gesegnet war. Wenn ich an die offiziellen Neujahrsbesuche denke, muss ich immer noch lächeln, wie ein jeder genau darauf achtete, dass die Rangfolge streng eingehalten wurde, so dass man selbst nicht einen Platz weiter nach unten in der Reihe kam, auch wenn man den Weg damit doppelt so lang machte.
Im Jahr 1874 war ich zum ersten Mal in Kongsberg in den Ferien gewesen, zu Distrikt-Arzt Dahm eingeladen, der mit einer Schwester von Robert und Nils Pehrson, meinen Paten, verheiratet war. Dr. Dahm’s Töchter, Frau Olga Pettersen und Frau Gyda Gram (damals noch unverheiratet), waren gute Freundinnen meiner Schwestern und hatten viel im Haus meiner Eltern verkehrt. Die Dahm’s hatten drei Söhne, Fredrik, Robert und Sverre. Der Letzte und Gyda kamen im Herbst 1874 nach München, wo Gyda zusammen mit Harriet Backer an der Akademie der Bildenden Künste und Sverre an der Technischen Universität studierte.
Für mich war es sehr angenehm, Bekannte in der Stadt zu haben, so dass ich nicht wie ein Wildfremder dastand; und außerdem war man, wie in allen norwegischen Kleinstädten, sehr gastfreundlich und zuvorkommend gegenüber Neuankömmlingen. Ich werde jetzt zunächst kurz auf die Menschen eingehen, mit denen ich hauptsächlich zu tun hatte, und es gab viele Originale unter ihnen, wie sich zeigen wird.
Zu Director Holmsen bin ich nicht ein einziges Mal gekommen, außer bei den Neujahrsbesuchen. Sie lebten ganz ruhig und für sich.
An den Gruben befanden sich drei Ingenieure, nämlich der Bergmeister, Paaske, und zwei Obersteiger Rasch und Corneliussen.
Bergmeister Paaske war Bergmann mit Leib und Seele, eifrig im Dienst und stets daran interessiert, den Betrieb in jeder Hinsicht so gut wie möglich zu verbessern. Die direkte, oft leicht erzwungene Art und Weise, in der er seine Ansichten äußerte, konnte für diejenigen, die seinen herrlichen, ehrenwerten Charakter und sein gutes Herz nicht kannten, beleidigend sein. Wenn er der Überzeugung war, dass eine Sache gut und richtig sei, so war er unerschütterlich. Er war ein sehr tüchtiger Bergmann.
Obersteiger Rasch, der die Gruben “Gottes Hülfe in der Noth” und Haus Sachsen hatte, wohnte bei der letzten Grube. Er war schon ein älterer Mann, dick und bequem. Er kam nicht in die Gruben, außer jedes Mal wenn die Monatsabrechnung war. Es ist bezeichnend, dass er es vorgezogen hat, von Haus Sachsen über Kongsberg nach Saggrenda zu fahren, und von dort mit der Draisine zur „Gottes Hülfe Grube“ durch Kristians Stollen, d.h. eine Fahrt von mindestens 20 Kilometern im Sitzen, als durch die Schächte in die Grube zu fahren, ca. 300 Meter über Leitern. Für den kleinen Dicksack war es oft schwierig, an alle Stellen im Betrieb voranzukommen, was der Steiger Ussler einmal auf folgende Weise erzählte: “Wir hatten Durchschlag zwischen zwei Orten, und einen Umweg zu vermeiden, wollte der Obersteiger hindurch kriechen, aber dann steckte er fest mit seinem dicken Bauch, so dass er weder vor noch zurück konnte. Ich hatte dann nichts anderes zu tun, als ein Planken-Ende quer über seinen Hintern zu legen und mit einem Vorschlaghammer zuzuschlagen. Aber dann muss ich sagen, dass er durch das Loch kam mit einer Geschwindigkeit; er schoss heraus wie eine Kanonenkugel “. Auch wenn diese Erzählung mit Vorsicht genossen werden sollte, so ist sie doch bezeichnend.
Derselbe Herman Ussler war übrigens als Schelm bekannt, und Direktor Andresen bekam das auch einmal zu spüren. Die Arbeit in den Gruben endete am Freitagmittag um 11 Uhr, und der Steiger hatte alles fertig gemacht, um nach Hause zu seiner Familie zu reisen. Dann kam Andresen und wollte in die Grube gehen. Obersteiger Corneliussen, der mir die Episode erzählt hat, und die Steiger mussten folgen; aber Ussler war sehr verärgert darüber, dass er die Arbeitskleidung anziehen musste. Damals gab es noch keine Fahrkunst in der Königsgrube (Kongens gruve), die sehr tief war, und man musste die Leitern benutzen. Auf den Plattformen, auf denen die Leitern standen, waren in bestimmten Abständen Wassertanks für den Brandfall im Schacht aufgestellt worden. Als nun die Kavalkade nach einer langen und mühsamen Fahrt wieder hoch ging, hielt Direktor Andresen auf einer dieser Plattformen an, auf der ein Wasserfass stand, zu dem ein wenig Wasser aus einem Spalt in der Bergmauer sickerte und begann, kräftige Schlücke kaltes Wasser zu trinken . Als er seinen Durst gestillt hatte, sagte er: “Nein, was für ein leckeres, frisches Wasser!” “Oho”, dachte Ussler, “jetzt werde ich mich für die Extratour in die Grube rächen” und sagte ganz ruhig: “Oh, es ist zum größten Teil Pisse!” “Tvi, tvi”, spuckte Andresen, “war das also das, was ich für einen seltsamen Geschmack hielt!” Hier konnte man die Kraft der Einbildung sehen. Das Wasser war nämlich sauber und frisch.