Das Silberwerk hatte sein eigenes Forstwesen, und an der Spitze dessen standen der Oberförster Lange und seine drei Assistenten Selmer und Larsen und Hængslefoged (Gerichtsvollzieher?) Larsen. Die letzten beiden waren ehemalige Unteroffiziere, während Selmer Forstanwärter war.
Lange war ein äußerst liebenswürdiger Mann und seine Frau, geborene Bøbert, eine ebenso liebenswürdige wie weise Frau. Sie spielte großartig Klavier, und Lange sang einen schönen Tenor. So war es kein Wunder, dass dieses Haus zu einem zweiten Zuhause für mich wurde, in dem wir zusammen spielten und gemeinsam scherzten, denn Lange war ein großer Spaßvogel und sehr fröhlich. Sie hatten eine Tochter, Elisabeth, die in diesem Alter (ungefähr 11-12 Jahre) manchmal wie Mutter aussah, mit ihren großen braunen Augen und ihrem Lächeln.
Selmer war der „unforstmäßigste“ Förster, den ich je getroffen habe. Er ging in Hausschuhen und Morgenmantel zum Sägewerk und befahl die Flößerei. Zum Schluss kommt der Baumeister des Silberwerkes Sahlgaard, ein alter, rotnasiger Schnapsbruder, aber sonst ein sanfter Herr. Er hatte neben dem Bau und der Instandhaltung der Werksgebäude auch das lange Wegenetz des Werkes in Ordnung zu halten. Er wollte gerne als studiert gelten, und in einer Institutssitzung (Sitzung des Direktoriums mit allen Abteilungsleitern), sah er einmal schlecht gegenüber dem Hüttenmeister aus. Der Baumeister empfahl, die Schlacke von der Hütte zum Auffüllen der Wege zu verwenden, anstatt sie in den Sud zu kippen, was ja ein guter Vorschlag war; aber dann fügte er hinzu: “Dass bei dieser Vorgehensweise der Straßenbelag so hart und dauerhaft ist, und dies auf die Tatsache zurückzuführen sei, dass die Schlacke eine chemische Verbindung mit dem Sand und dem im Pfad enthaltenen Lehm einging.” Alle lächelten, aber der Hüttenmeister sagte: “Dann muss es “Kieselgur Wegoxyd„ sein”, was zur Zufriedenheit aller die zurückgehaltene Welle an Gelächter auslöste, die die chemische Hypothese des Baumeisters ausgelöst hatte.

In der Waffenfabrik war Oberst Landmark Chef und Kapitän Krag Kontrolloffizier, aber 1877 starb Landmark, und Krag wurde Direktor und Leutnant Max Lund (später „Felttøymester“ = verantwortlicher Offizier für Waffentechnik) Kontrolloffizier. Außer diesen gab es einen Rüstmeister, Rasmussen und einen Materialverwalter Pedersen, beide ehemalige Unteroffiziere, kompetent in ihrem Fach, obwohl sie ziemlich feuchtfröhlich waren; aber sie vertrugen unglaubliche Mengen, ohne dass es ihnen anzumerken war.

Übrigens war es eine Besonderheit eines sehr großen Teils der damaligen alten Kongsberger, dass sie durch langes und eifriges Training die Fähigkeit erlangt hatten, immense Mengen Alkoholika zu sich zu nehmen, ohne sichtbar betrunken zu werden, was wirklich bewundernswert war. Von den anderen Ehrenbürgern der Stadt müssen erwähnt werden: Rektor Graff, ein würdiger alter Herr, Studienrat Saxild, der 1877 Postmeister in Risør wurde, Studienrat Kristofer Lassen, cand. philol. Bøhmer und Studienrat Udbye, der nach Saxild kam, Amtsrichter Gjertz, Bezirksarzt Dahm, Dr. Bryhn und Bergarzt Poulsson (Vater von Professor Ed. Poulsson), Apotheker Hartmann, Arzt Dr. Hartmann, Lehrer an der Mittelschule cand. filos. Pram, Gemeindepfarrer Thorne war die ganze Zeit krank und starb, und dann hatten wir lange Zeit Stiftskapellane als Priester, bevor ein neuer Pfarrer kam – Leganger. Von den Kaufmännern der Stadt war Chr. Foss der prominenteste, dann Anton Bommen, der später nach Kristiania zog, nachdem er die Bauern ordentlich geschröpft hatte. Ich hätte fast vergessen, den alten, herrlichen Vogt Wetlesen zu erwähnen, ein gemütlicher alter Junggeselle, und Polizeichef Strenge. Es gab zwei Rechtsanwälte, Klem und Bøckmann. Der erste, ein kleiner witziger Dicksack, hatte eine lockere Zunge und konnte die schärfsten Dinge auf eine Weise sagen, dass man ihm nicht böse sein konnte. Bøckmann war leiser, aber auch humorvoll. Seine Bemerkungen kamen immer so ruhig und ernst, während ein Lächeln um die Mundwinkel vibrierte. Rechtsamwalt Klem in einem Francaise auf einem Vereins-Ball zu sehen, war ein Anblick für die Götter. Der kleine Dicksack, dessen größter Spaß darin bestand, Unordnung unter den Karréern zu stiften, sprang und tanzte, sodass es unmöglich war, nicht zu lachen, und zum Schluss alles kunterbunt wurde. Trotz seiner mehr als 50 Jahre benahm er sich wie ein Clown. Er hatte eine schöne Frau und mehrere großartige Kinder. 1878 wurde er Amtsrichter in Gudbrandsdalen (glaube ich). Nicht zu vergessen sei auch Brauerei-Besitzer Martin Rief, ein Tiroler (aus Reit in Tirol). Er war seit seiner Jugend in Norwegen, sprach aber nur gebrochenes Deutsch-Norwegisch. Stadtvogt Eggers war ein kleiner “geschäftiger” Herr, der immer in Eile war. Er war ein eifriger Kirchgänger, im Gegensatz zu Vogt Wetlesen, der nur ging, wenn ich Orgel spielte.

Der Polizist Nilsen war ein etwas steifer, älterer Herr, der auf seine alten Tage geheiratet hatte. Er spielte sowohl Violine als auch Bratsche und war ein großer Musikfreund, aber nicht länger als um 10 Uhr abends. Dann packte er das Instrument ein, auch wenn man mitten im besten Spiel war, bei der ersten Pause.

Kongsberg’s musikalische Größe war Organist Klewe, ein guter Organist, aber sehr faul. Er hielt sich für einen großen Komponisten und sagte einmal zu mir: “Ich und Mozart komponieren im selben Stil”. Aber seine Kompositionen waren alle unzulässig langweilig. Jeden Sommer machte er eine “Kunstreise”, d.h. er reiste durch das Land und stimmte Klaviere auf den Höfen der Beamten und hielt Kirchenkonzerte in den Kirchen auf dem Land, bis er in seine Geburtsstadt Bergen kam, wo er auch einmal ein Kirchenkonzert gab; aber die Kritik an seinen Kompositionen war eher mittelmäßig, so dass er nicht viel von diesem Konzert sprach. Ja, jetzt ist, soweit ich mich erinnere, die Portrait-Gallerie für die Herren fertig, und die Damen lasse ich in Ruhe, bis sie aus irgendeinem Grund aktiv in Aktion treten.

Kongsberg hatte seine Clubgesellschaft, die im Hotel Victoria ihre Räumlichkeiten hatte, das zuvor den Namen “des Mines” getragen hatte. Einen Abend in der Woche war Kartennacht, die in der Regel stark besucht war, ansonsten waren die Lesesäle und das Billardzimmer ständig geöffnet, und zu Abendessenszeiten waren in der Regel einige Herren im Club, bis die Post kam, um neue Zeitungen zu lesen, bevor sie zum Abendessen nach Hause gingen. Wir Junggesellen, die im Hotel aßen, tranken danach auch unseren Kaffee oben im Club der Zeitungsleser. Im Winter (Weihnachten und Ostern) veranstaltete der Club Bälle, die auch von Freunden und Bekannten aus den umliegenden Gebieten und Städten gut besucht waren. Ansonsten gab es in der Stadt viel Geselligkeit, aber von guter Art. Es wurden keine schönen Gerichte oder Weine angeboten, aber man kam zusammen zu einer Tasse Tee und Butterbroten.

Der einzige Luxus war Punsch nach dem Abendessen, aber davon konnte natürlich auch große Mengen geben. Es war jedoch erträglich, da meistens ein relativ billiger Cognac oder Armagnac verwendet wurde. Ich war noch nicht lange in Kongsberg, als der Bevollmächtigte Nærup und ich beschlossen zu versuchen, ein Orchester zusammenzubringen. Er spielte ziemlich gut Violine und der Anwärter Prahm ebenfalls, Kaufmann Foss blies Flöte und der Polizeipräsident spielte Bratsche. Es gab mehrere Tanzsäle in Kongsberg, wo die Musik von Handwerkern oder Arbeitern und Vorgesetzten der Waffenfabrik und des Silberwerkes gespielt wurde, und so mussten wir sehen, eine Auswahl dieser Interessierten für die Sache zu begeistern. Wir wandten uns dann an den “Kapellmeister” für die beste Tanzmusik, einen Aufseher in Scheidningen bei Fredriks Stollen, Gabriel Halvorsen, der ausgezeichnet Violine spielte und sehr musikalisch war, und brachten ihn schließlich dazu, mitzumachen, oder es zumindest zu versuchen. Ich hatte den Eindruck, dass er, der sehr selbstbewusst war, befürchtete, bei „den Feinen” übersehen zu werden. Ich habe mich darauf eingestellt, und wir, Nærup und ich, waren ihm gegenüber besonders freundlich, was auch dazu führte, dass er ein sehr eifriges Mitglied des Orchesters wurde. Er merkte ja bald, dass er der beste Geiger war, den wir hatten, und das munterte ihn natürlich auf.

Wir bekamen dann, mit Halvorsen’s Hilfe, ein Orchester zusammen, bestehend aus zwei ersten und zwei zweiten Violinen, Bratsche, einem hervorragenden Kontrabass mit großem Geschick, Flöte, Klarinette, zwei Kornetts, einem Tenorhorn (später zwei) und Tuba. Im Victoria Hotel gab es zwei Säle, einen großen und einen kleineren, und in letzterem haben wir gespielt. Als erste Nummer wählte ich den Hochzeitsmarsch von “Ein Sommernachtstraum” von Mendelssohn, aber beim ersten Treffen hatte ich fast Angst, dass alles auseinander fallen würde. Der Grund war, dass Pram, ein schwärmerischer alter Herr über 60 Jahre, einfach den Taktstock nicht zur Kenntnis nahm, und als die elf Musiker im vierten Takt waren (im Marschtakt natürlich), schwärmte Pram mit bezaubernden Tönen und Vortrag im zweiten Takt. Natürlich brach ich ab und bat: “Herr Pram, Sie müssen so nett sein und besser auf den Takt aufpassen! Also von Anfang an wieder!” Dann legten wir wieder los. Diesmal kam er bis zum dritten Takt, als wir fertig mit dem vierten waren, weshalb ich Pram noch einmal und diesmal in bestimmterem Ton bat, auf das Tempo zu achten, woraufhin er sich in seiner gesamten, langen Länge ausstreckte und sagte: “So!” aber als ich gleichzeitig den ersten Takt schlug, kam er nicht weiter, sondern legte los und sägte gefühllos und hart, aber im Takt, und allmählich milderten die schönen Harmonien und die überraschende Präzision, mit der die Mitglieder bei der ersten Probe den Marsch spielten, sein erhitztes Gemüt, und er versöhnte sich damit, dass er einen Marsch nicht wie eine verträumte Serenade mit schmachtenden „Glissando’s” spielen konnte. Organist Klewe, der ein wenig Cello spielen konnte, hatte zunächst die Teilnahme versprochen, betrachtete es dann jedoch als “unter seiner Würde”, unter dem Taktstock eines Amateurs zu spielen, aber wir kamen auch ohne Cello aus, denn der Bassist war so gut, und das Tenorhorn ebenfalls. Kleve hatte in der Vergangenheit versucht, ein Orchester und auch einen Chor zusammenzubringen, hatte sich aber als Dirigent als ziemlich unfähig erwiesen, so dass alles nach kurzer Zeit einschlief. Übrigens gab es in Kongsberg sowohl unter den Damen als auch unter den Herren viele gute Sänger, die ich zu speziellen Anlässen, wie der Hochzeit von Corneliussen und Helga Paaske, in einem kleinen gemischten Chor sammelte und proben ließ, welcher dann Hochzeitslieder sang. Genauso bei Fräulein Langbergs Hochzeit, und ich unterstützte Organist Kleve mit Chor und Blasorchester (ich spielte selbst Bassun) bei einem Konzert, das er in der Kirche gab. Da spielte er dann doch unter meinem Taktstock!

Eines Tages kam der Vorsitzende der Arbeitervereinigung, Glöckner Even Jensen, zu mir und fragte, ob ich nicht versuchen könnte, einen Männergesangsverein mit den Mitgliedern der Arbeitervereinigung zusammen zu finden. Der Vorstand würde mit kostenlosen, beheizten Räumen und Licht und Noten beitragen. Ich nahm das an, aber es meldete sich eine solche Masse, und in der musikalischen Entwicklung so völlig unterschiedliche und ungleichmäßige Elemente, dass ich eine Auswahl von 24 der Besten für meinen Chor auswählte, während ein Schuhmacher Steen, ein ehrgeiziger junger Mann, der den zweiten Bass in meinem Chor sang, die Anleitung der Anfänger übernahm.
Es dauerte nicht lange, bis wir einen sehr guten Zusammenklang erzielt hatten. Es gab sechs sehr gute erste Tenöre, und acht herrliche zweite Bässe, und die Mittelstimmen waren mit jeweils fünf Stimmen besetzt. Ich sollte eigentlich sagen, vier sehr gute und zwei brauchbare erste Tenöre, das wäre richtiger. Ein paar der Bässe waren reine “Kellerbässe”. Im Laufe des Winters und des Sommers sangen wir auch mehrmals öffentlich bei den festlichen Zusammenkünften der Arbeitervereinigung, und bei einigen anderen Anlässen und erhielten viel Anerkennung. In meinem Unterricht legte ich vor allem Wert darauf, schöne Pianos, Crescendo’s und Decrescendo’s zu bekommen, was am schwierigsten ist und deshalb sehr viel Übung und Sorgfalt erfordert.
Als der Winter kam, haben wir, die Skisport betrieben, uns auch zusammen gefunden, haben sonntags Touren in die Grubenberge unternommen, und sind vom Rundtjern (Rundtjern, ein See westlich des Kongsberger Stadtkerns) durch “Fusentast bakken” (bakke = Hügel, Abfahrt) am Mundloch des Underbergstollens heruntergekommen. Besonders gerne ging ich mit unserm ersten Tenorhorn-Bläser Bäcker Omholt gegangen, der trotz seiner Fähigkeiten ein hervorragender Skifahrer war.

Ich habe die ersten sechs Monate im “Hotel Britannia” direkt am Nybrofossen (Wasserfall in Kongsberg) gewohnt. Die Wirtin war Dänin, aber verheiratet mit einem Norweger. Sie war eine überwältigend gute Köchin, und ich lebte überaus gut dort. Da es im Winter nur wenige Reisende gab, waren sie froh, wenigstens eines der vielen Zimmer belegt zu haben. Ich bekam Vollpension zu einem überaus billigen Preis, wenn man bedenkt, wie aufgetischt wurde, mit einem warmen Gericht zum Abendessen, meist „Beaf knochenlose Vögel“ (benløse fugler, eine Art Frikadelle) oder Kotellets. Einmal gab es zum Mittagessen – welches ich auf meinem Zimmer aß, da keine Reisenden da waren, und sie deshalb nicht extra den Speisesaal aufwärmen mussten – neben der Suppe einen ganzen gebratenen Auerhahn, ein großes Exemplar. Danach Dessert. Da ich nicht den ganzen Auerhahn, und nur einen Teil des Desserts aufessen konnte, kam Frau Swane, die Wirtin, hoch und fragte, ob ich etwas am Essen auszusetzen hätte, da ich nicht alles gegessen hatte! Ich musste ihr versichern, dass alles erste Klasse zubereitet war, ich mich aber unmöglich krank essen konnte, um ihren Stolz zu befriedigen, dass die Teller leer in die Küche zurück kamen. Wenn dies verlangt würde, müsste ich mir in diesem Fall einen Hund anschaffen, der mir bei den Großen Portionen helfen konnte, die geliefert wurden. Ich frage mich, ob man irgendwo auf der Welt eine Gastgeberin treffen würde, die in diesem Grad ihren Stolz auf das leibliche Wohl ihrer Gäste setzte. Swane betrieb auch die Schneiderwerkstatt, da dies sein eigentlicher “Beruf” war.

Mein Zimmer lag in der zweiten Etage und ging zum Nybrofossen hinaus, und das Donnern des Wasserfalls war so gewaltig, dass ich trotz meines guten Schlafs die erste Nacht nicht schlafen konnte. Später habe ich das Schlaflied vermisst, wenn ich woanders geschlafen habe.